Das Bobath-Konzept

In der Behandlung von Menschen mit neurologischen Störungen ist das Bobath-Konzept eines der verbreitetsten Therapiekonzepte. Es basiert einerseits auf neurophysiologischer Grundlage, geht andererseits aber von einem Ansatz aus, der den Menschen in seiner ganzen Persönlichkeit einbezieht. Dies bedingt eine enge Zusammenarbeit sowohl der beteiligten Fachdisziplinen untereinander als auch mit den Angehörigen und den Betroffenen selbst.

Das Ehepaar Dr. h. c. Berta Bobath (Physiotherapeutin) und Dr. Karel Bobath (Neurologe und Psychiater) begannen Mitte der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts mit der Entwicklung seines Behandlungskonzeptes, das in den folgenden Jahrzehnten ständig erweitert und differenziert wurde. Empirische Erfahrungen, resultierend aus der Behandlung von Schlaganfallpatienten, wiesen auf die Beeinflussbarkeit von pathologisch veränderten Haltungs- und Bewegungsmustern hin.

Das Bobath-Konzept wird durch die in der therapeutischen Arbeit gewonnenen Erfahrungen, neue Forschungsergebnisse aus den Naturwissenschaften und Anregungen aus benachbarten Wissenschaften weiterentwickelt. Dies ermöglicht eine Orientierung am jeweils aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse (z. B. Reifung des Zentralnervensystems) bezüglich der Bewegungskoordination und des motorischen Lernens.

Der Behandlungsansatz nimmt Bezug auf die menschliche Entwicklung, die gekennzeichnet ist durch das Zusammenwirken sensomotorischer, emotionaler und geistiger Komponenten und der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt/Umfeld.

Dieses Therapiekonzept richtet sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit angeborenen und/oder erworbenen Störungen des Zentralnervensystems, sensomotorischen Auffälligkeiten, kognitiven Beeinträchtigungen und anderen neurologischen Erkrankungen.

In der Therapie werden patientenbezogene Prinzipien angewendet. Diese beziehen sich auf die spezifische Vorgehensweise in der Diagnosefindung, der Befunderhebung und den daraus resultierenden therapeutischen Maßnahmen. Aufgrund der Diagnose wird ein individueller Befund erstellt. Im Vordergrund der Befunderhebung steht die Beobachtung der Eigenaktivität und Fähigkeit des Betroffenen im alltäglichen Leben. Diese werden im fortlaufenden Prozess durch die enge Verbindung von Befund und Therapie immer wieder neu definiert und so wird eine regelmäßige Erfolgskontrolle garantiert.

Ziel der Therapie bei Erwachsenen mit erworbener Hirnschädigung (z. B. Schlaganfall)

Ziel in der Behandlung Erwachsener mit erworbener Hirnschädigung, z. B. nach Schlaganfall, ist die Differenzierung funktioneller Fähigkeiten, Erweiterung der Handlungskompetenz und größtmöglichen Selbständigkeit im Lebensumfeld.

Die Betroffenen sollen wieder einen Zugang zu den Bewegungsmustern finden, die größte mögliche Unabhängigkeit ermöglichen.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Verbesserung des Gleichgewichts als Basis für normale selektive Haltung und Bewegung (Regulierung des Tonus). Da das Gleichgewicht den Haltungshintergrund für die jeweilige Aktivität liefert, ermöglicht es einen qualitativen und quantitativen Zuwachs im Bewegungs- und Funktionsrepertoire.

Aspekte, die die Bewegung beeinflussen, z. B. biomechanische Gegebenheiten oder psycho-dynamische Prozesse, werden berücksichtigt und in die Behandlung mit einbezogen.

Aufgabe des Therapeuten hierbei ist, dem Betroffenen von Anfang an durch gezielte Aktivitäten sensomotorisches Lernen zu ermöglichen. Er sollte zunehmender aktiver und ökonomischer die für ihn notwendigen Handlungen durchführen können, sowie eigene Problemlösungsstrategien bezogen auf seinen individuellen Lebenskontext finden.

Eine weitere Aufgabe des Therapeuten ist die Vermittlung spezifischer ´Handhabungs-Anleitungen´ an die betreuenden Personen (Familienmitglieder, Pflegepersonal etc.), die Anpassung des Umfeldes (Lagerungs-, Sitz-, Steh- und Fortbewegungshilfen sowie die Adaptierung von Gebrauchsgegenständen) an die individuellen Bedürfnisse.